Die von-der-leyensche Websperre

Sie hat es also geschafft, die Frau von der Leyen, und so wie es aussieht, wird die von ihr vehement geforderte Websperre gegen Kinderpornographie nun durchgesetzt. Die ganzen Hintergründe und Scheinheiligkeiten will ich hier nicht erörtern, dafür gibt es zum Beispiel den exzellenten Gastbeitrag auf Spiegel Online von Holger Bleich und Axel Kossel von der c’t.

Am meisten ärgert mich dabei diese unverschämte, geradezu heuchlerische Augenwischerei, mit der das Thema angegangen wird. Frau von der Leyen muss sich unbedingt ein paar Fragen gefallen lassen und in ihrem eigenen Interesse auch beantworten, bzw. entsprechend tätig werden, denn es wird kein einziger Gewaltakt gegen Kinder damit verhindert. Eigentlich müsste man das gesamte Familienministerium wegen unterlassener Hilfeleistung verklagen und hinter Gitter bringen! Würde uns Bürgern ja auch so gehen.

Diese „Was ich nicht seh‘ tut mir nicht weh“-Mentalität finde ich gelinde gesagt zum Kotzen. Frau von der Leyen, sie brauchen sich nicht auf die Schulter zu klopfen, sie haben nichts getan, um diesem Treiben ein Ende zu bereiten, ganz im Gegenteil, oder was gedenkt das Ministerium zur Eindämmung der wirklichen Gewaltakte (also der echten physischen Taten gegen Kinder) und die Ermittlung der Täter zu tun?
Die Sperren sorgen nur für ein Wegschauen, aber nicht für eine aktive Bekämpfung dieses verachtenswürdigen Treibens. Warum versperrt sich das Ministerium gegen all die guten Einwände des eco, des CCC und all der anderen Institutionen, die sich mit den technischen Rahmenbedingungen wirklich auskennen, und wie kann das Ministerium ernsthaft glauben, dass Leute, die es darauf anlegen, diese Dinge zu verbreiten, durch diese Sperren abgehalten werden? In wenigen Minuten kann jeder, der ein wenig was in der Birne hat, diese DNS-basierte Sperre umgehen (siehe auch oben erwähnten Beitrag auf SPON). Diese Politiker-Superdenke hat uns ja auch schon die Vorratsdatenspeicherung beschert, als ob der professionell agierende Terrorist nicht wüsste, wie man verschlüsselt Daten übermittelt. Wer garantiert uns eigentlich, dass diese Sperren nur für diesen Zweck genutzt werden? All die Aktivitäten der letzten Jahre (z.B. die von Herrn Schäuble) zielen nur auf eine weitere Gängelung der informationellen Selbstbestimmung: Sobald eine Sache der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit entschwindet, kann man prima und klamm heimlich nachbessern, bzw. die Regelungen verschärfen. Wie einfach wäre es, mit diesen Sperrlisten dann auch unbequeme Webseiten zu politischen oder sonstigen Themen zu sperren. Dieter Gorny, der Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Musikindustrie, hat es ja scheinbar schon leicht nebulös vorformuliert, als er von der „gesellschaftlich gewünschten Regulierung“ sprach und kurzerhand noch den Schutz von geistigem Eigentum mit in die Diskussion brachte. Ein vor Geschmacklosigkeit nicht zu überbietender Faux-Pas – als ob das Runterladen eines MP3-Gedudels eines DSDS-Stars gleichzusetzen sei mit physischer und perverser Gewalt gegen Kinder!

Manchmal versteh ich die Welt wirklich nicht mehr.

Store Front

Ich konnte nicht widerstehen! Besitze seit heute den fantastischen Bildband „Store Front – the disappearing Face of New York“, der sich den kleinen Läden in Manhattan widmet.

storefront

Als großer New York Fan, der die Stadt seit Mitte der Achtziger kennt, kann ich mich noch an diese Art von Läden erinnern, die mich bei meinem ersten Besuch schon sehr fasziniert haben. Durch die vielen Krisen, die New York erschüttern und erschüttert haben und durch den ganzen Yuppie-Hype der Neunziger sind viele dieser Kleinode leider dem Bauboom oder eben der ein oder anderen Krise zum Opfer gefallen. Wirklich schade, haben diese Läden doch die Viertel geprägt und waren Anlaufstelle für die verrücktesten Typen.

Umso mehr erfreut es mich, dass sich jemand des Themas angenommen hat und dieser wunderbare Bildband entstanden ist.

Store Front
von James T. Murray und Karla L. Murray
ISBN: 1584232277
EUR 59,90

Der hr will „Der Ball ist rund“ und „Rebell“ abschaffen

Die Sendungen „Der Ball ist rund“ und „Rebell“ auf hr3 sollen zum Jahresende abgeschafft werden. Wieder einmal verneigen sich die Öffentlich-Rechtlichen vor der Blödheit, Stumpfheit und Kulturlosigkeit, die uns überall im Format-TV und -Radio tagtäglich verfolgen. Insofern hat Marcel Reich Ranicki wohl doch Recht gehabt, als er auf das TV schimpfte. Nun also auch das Radio…

Wie schlecht können Sendungen sein, die sich 34 Jahre („Rebell“ und „Kramladen“), bzw. 25 Jahre („Der Ball ist rund“) gehalten haben und sich einer treuen Hörerschaft erfreuen? Selbst wenn „nicht messbare“ Quoten vorhanden sind, sollte man die Verantwortlichen beim hr mal wieder an ihren Bildungsauftrag erinnern! hr3, schon jetzt de facto unhörbar geworden, wird sich damit keinen Gefallen tun. Die beiden Sendungen waren der eigentliche Grund, dass hr3 überhaupt noch auf meinem Tuner einprogrammiert ist! So muss man nun ausweichen auf den Zündfunk oder ähnliches – oder halt doch immer mehr streamende Sender über das heimische WLAN hören. Schade, schade.

Herr Bombach, bitte denken Sie über all das nochmal nach! Um Ihnen auf die Sprünge zu helfen, gibt es auch eine Onlinepedition, die doch bitte von allen Tomblogg-Lesern unterzeichnet werden sollte!