Niedergang eines Stadtteils – ein Plädoyer für den Tumult!

Man macht sich ja wegen vielerlei Dinge so seine Gedanken. In Rödelheim jedoch ist sicherlich so einiges im Argen, das zu überdenken ist:

Die Politiker haben den Stadtteil im Prinzip fallen gelassen, auch wenn es z.B. auf Frankfurt-Gestalten.de eine Initiative gibt, z.B. die Spielotheken-Flut einzudämmen. Die Intiative ist ja lobenswert, aber was der Herr Sasse von der SPD im Nachgang zu der von ihm erstellten Initiative dort veranstaltet (nämlich nichts!), geht gewissermaßen auf keine Kuhhaut! Aus meiner Sicht war das Einstellen nur ein Schachzug vor der bevorstehenden Ortsbeiratswahl, um hier noch einige Sympathiepunkte zu bekommen. Aber Herr Hans-Jürgen Sasse: Das Web vergisst nichts, Sie müssen sich ab sofort an Ihren Taten messen lassen! Ich mache mir allerdings keine Illusionen: Die Stadt wird es sicherlich tunlichst vermeiden, auf diese sprudelnde Einnahmequelle von Steuergeldern zu verzichten.

Dann war da noch die Schließung der Bar total.Rödelheim. Aus meiner Sicht eine echte Katastrophe, gab es dort doch sehr leckere Getränke zu moderaten Preisen (im Vergleich zur Innenstadt) in sehr freundlichem, geradezu familiären Ambiente – in Rödelheim ein echtes Unikat! Es gibt und gab bisher nichts Vergleichbares im Stadtteil. Klar, das Captain’s Inn ist auch sehr nett, aber nicht vergleichbar. Ich habe mich lange mit dem Betreiber der Bar unterhalten, und ich kann seine Argumentation (leider) nachvollziehen: Der geplante Wegzug der Werbeagentur Leo Burnett, die in der gleichen Straße wie die Bar beheimatet ist,  hätte einen Umsatzeinbruch sonders gleichen nach sich gezogen, der niemals hätte kompensiert werden können (damit will ich nicht sagen, dass Werber nur am Saufen sind!) Überhaupt, die großen Firmen: Poly Clip, der „Weltmarktführer für Wurstverschlüsse“ wir in naher Zukunft Rödelheim ebenfalls den Rücken kehren.

Alleine durch den Wegzug dieser beiden Firmen wird dem Stadteil pro Jahr eine Kaufkraft von rund einer Millionen EUR (meine Schätzung)  entzogen werden. Das wird zur Folge haben, dass viele der kleinen Geschäfte ebenfalls schließen müssen, so wie zum Beispiel der weltbeste Brotbäcker und Konditor Antmann: Mit Schrecken habe ich vernommen, dass er Ende Mai seine Pforten schließen wird. Dem lieben Herrn Antmann sei es gegönnt, steht er doch seit 55 Jahren in der Backstube. Traurig ist jedoch, dass er keinen Nachfolger hat finden können. Seine Begründung: Das gute alte Handwerk wird aussterben, niemand tut sich das an, mit einer eigenen Bäckerei in Konkurrenz zu den Bäckerketten dieser Welt zu treten (deren wir drei auf engstem Raum in Rödelheim haben). Dabei ist deren Brot so was von schlecht im Vergleich zum echt leckeren Brot aus seiner Backstube…

Was bleibt zu tun? Aufregen alleine hilft ja nicht. Die sich nicht gerade mit Ruhm bekleckernde Arbeitsgemeinschaft Rödelheimer Geschäftsleute (ARG) scheint in einer Art Totenstarre zu verharren, von hier wird also auf absehbare Zeit wohl keine Hilfe kommen. Wahrscheinlich müssen wir uns alle nun direkt an den Ortsbeirat wenden und ein ordentliches Stadtteilkonzept einfordern, dazu gehören die Eindämmung und „Rückbauung“ der Spielotheken, Steigerung der Attraktivität des Stadtteils im Allgemeinen (man sehe sich nur die Radilostraße an!), Informationen für die Hausbesitzer, denen es ja scheinbar egal ist, wer in die Leerstände einzieht, Hauptsache der Mammon stimmt (da würde mich eh interessieren, in wessen Besitz die Häuser sind – alles vermutlich keine Rödelheimer mehr) und der regelmäßige Besuch der Ortsbeiratssitzungen.

Im Nidda-Boten gab es mal den schönen Satz über die „tumultartigen Szenen“ bei einer Ortsbeiratssitzung.

Möge der Tumult weitergehen und anschwellen und niemals einschlafen! Dafür mag ich meinen Stadtteil viel zu sehr, als dass ich ihn diesen planlosen Politikern kampflos überlassen würde!

5 Antworten auf „Niedergang eines Stadtteils – ein Plädoyer für den Tumult!“

  1. Ich schliesse mich Deiner Meinung uneingeschränkt an. Rödelheim hat so eine tolle Lebensqualität zu bieten mit dem Park und der Nidda. Aber die geschäftliche Infrastruktur verkommt leider immer wieder. Da wird so viel Potenzial eines Stadtviertels einfach verschwendet.

  2. Es gibt in der Tat unschöne Tendenzen, aber auch Lichtblicke: Der Blumenladen Schön! in der Lorcher Straße. Aber vom Angucken alleine wird der nicht überleben können. Oder der Biomarkt gegenüber. Dort sind fast nie mehr als 3 Leute im Laden. Die Konditorei Graff, der Buchladen. Aber alle können nur überleben, wenn die Leute das Angebot auch annehmen und dort kaufen. Klar, ist bei Aldi das Brot billiger, oder hat Lidl auch Bio-Kaffee. Und Amazon kommt auch frei Haus – wenn auch nicht schneller. Nur jammern hilft da nix.

    In anderen Orten gibt es, um Kaufkraft zu binden, eine Art Ersatzwährung. Man kauft diese für Euros. Könnte man doch auch einführen, eine super Geschenkidee.

    Noch wichtiger ist die Teilhabe und seine Wünsche zu äußern. Nur meckern über einen scheinbar einflusslosen Ortsbeirat bringts nicht. Hingehen, Probleme benennen (Bürgerfragestunde) und präsent sein, das ist wichtig.

    Und da der Chef dieses Blogs auch jemand zu sein scheint, der Rödelheim mag und nicht tatenlos zusehen will, wie weiteren Spielhallen entstehen, lade ich ihn ein bei http://www.roedelheim.blogspot.com mitzumachen.

  3. Hallo, bin dabei! :-) Wie ich ja schrieb: Jammern hilft nicht! Ich bin sicherlich einer der wenigen, der jeden Samstag von Laden zu Laden rennt und das Lokal-Fähnchen hochhält! Wollte gerade über das tolle Musikfestival schreiben, das auch ein Lichtblick ist! Bei Hazelwood z.B. gehör ich ja schon zum Inventar. Da ich den Kommentar gerade auf dem Handy schreibe dazu später mehr. Danke auch für den umfangreichen Beitrag!

  4. Ja, ist schon toll, was sich der Herr Sasse da auf dem Blog „Frankfurt Gestalten“ geleistet hat. Ich hatte ihn dort auch mehrmals aufgefordert Stellung zu beziehen.
    Neu ist für mich, dass die Bäckerei Antmann schließt. Die wurde doch von Martin Antmann, der Sohn von Heinz Antmann übernommen, insofern war doch die Nachfolge bereits geregelt. Aber offensichtlich können Bäckereien nur noch mit Filialisierung überleben.
    Die Einschätzung über die ARG teile ich voll und ganz.
    Aber nicht nur die sind im Tiefschlaf, auch dem sog. Bürgertum inkl. vieler Hauseigentümer scheint der Zustand des Stadtteils am Allerwertesten vorbei zu gehen. Leider ist das so. Ich könnte jetzt Namen nennen, lass das aber mal sein.

Kommentare sind geschlossen.